Seit dem 24. August 2021 verfügt der Flugplatz Rotenburg (Wümme) über ein markantes Wahrzeichen: Eine ausgediente Transall der Bundeswehr begrüßt die Besucher – egal, ob sie auf dem Land- oder Luftweg anreisen – schon von weitem.
Die Transall wurde ab Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts im Rahmen der „TRANSporter ALLianz“ gemeinschaftlich von Flugzeugherstellern aus Deutschland und Frankreich entwickelt und gebaut. Auf deutscher Seite waren federführend Weser-Flugzeugbau (später Vereinigte Flugtechnische Werke, VFW), Hamburger Flugzeugbau (HFB) und Blume-Leichtbau beteiligt, Nord Aviation übernahm den französischen Part. Für die Produktion der Transall wurden drei Endmontagelinien eingerichtet. Eine im niedersächsischen Lemwerder, eine in Hamburg-Finkenwerder und eine in Bourges im Herzen Frankreichs. Mit der Entwicklung und Fertigung des Flugzeugs sammelte die deutsche Luftfahrtindustrie, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs am Boden gelegen hatte, wertvolle Erfahrungen im modernen Flugzeugbau, die in der Folge auch dem Airbus-Programm zugute kamen.
Als taktisches Transportflugzeug sollte die Transall vorrangig der Beförderung von Personen und Lasten, dem Absetzen von Fallschirmspringern beziehungsweise Material sowie der Evakuierung von Verwundeten auf einem europäischen Kriegsschauplatz dienen. Um diese Aufgaben optimal erfüllen zu können, erhielt sie eine befahrbare Laderampe am Heck und eine große Frachttür auf der linken Rumpfseite. Die Transall wurde speziell für den Einsatz auf kurzen und unbefestigten Pisten und in nur schlecht anfliegbarem Gelände konzipiert.
Die Zahl in der offiziellen Typenbezeichnung C-160 verrät schon ein wenig über die Dimensionen der Transall, deren Flügelfläche nämlich 160 Quadratmeter beträgt. Viel wichtiger für den täglichen Betrieb sind aber die „inneren Werte“: In dem 13,51 Meter langen, 3,15 Meter breiten und 2,98 Meter hohen Frachtraum finden bis zu 93 Soldaten, zwei Lkw oder ein Kampfflugzeug vom Typ Starfighter Platz. Fallschirmspringer konnten entweder über die geöffnete Laderaum im Heck oder über zwei seitliche Türen im hinteren Rumpfbereich abgesetzt werden.
Ein ausführliches Video über die Entstehungsgeschichte der Transall findet sich hier.
Gebaut ab 1963
Die allererste Transall hob am 25. Februar 1963 zum Jungfernflug ab, am 2. August 1967 begannen die Auslieferung. Bis 1973 wurden 178 Flugzeuge gebaut davon drei Prototypen und sechs Vorserienexemplare. 110 Transall gingen an die Bundeswehr, die allerdings 20 nicht benötigte Exemplare 1971 an die türkischen Streitkräfte weitergab. In Deutschland wurde die C-160 bei den Lufttransportgeschwadern (LTG) 61 in Landsberg (Bayern), 62 in Wunstorf (Niedersachsen) und 63 inHOhne (Schleswig-Holstein) sowie bei der Wehrtechnischen Dienststelle 61 im bayerischen Manching eingesetzt. In den letzten Einsatzjahren bis Ende 2021, als die Transall Stück für Stück durch Airbus A400M abgelöst wurde, waren die verbliebenen Exemplare ausschließlich in Hohn stationiert.
Aus der ersten Serie erhielt die französische Luftwaffe 50 Exemplare, von denen vier zeitweilig mit Air-France-Bemalung im Postverkehr zum Einsatz kamen. Zudem wurden neun Transall an die Luftstreitkräfte Südafrikas ausgeliefert.
Von 1981 bis 1985 folgten 35 Transall C-160NG („neue Generation“) ohne das seitliche Frachttor, die an die französische Luftwaffe und nach Indonesien geliefert wurden.
Wichtigste Betreiber waren die Luftwaffen Deutschlands und Frankreichs, zudem wurde das zweimotorige Transportflugzeug auch in der Türkei, in Südafrika und in Indonesien eingesetzt.
Engel der Lüfte
Die Transall wurde als taktisches Transportflugzeug für den militärischen Einsatz entwickelt. Glücklicherweise kam sie in dieser Rolle nur selten zum Einsatz. Dafür erwarb sie sich durch die Teilnahme an zahlreichen humanitären Missionen den Beinahmen „Engel der Lüfte“. So wurden beispielsweise in den Jahren 1974 und 1975 hungernde Menschen in Äthiopien, im Sudan und im Tschad aus der Luft mit Getreide versorgt. Die oftmals unbefestigen Pisten stellten kein Problem für das Transport-Flugzeug der Bundeswehr dar. Und wenn einmal eine Landung nicht möglich war, wurden die Hilfsgüter im tiefen Überflug aus der geöffneten Laderampe abgeworfen. 1984/1985 wurde erneut in Äthiopien Hilfe geleistet, und auch 2000 beim Hochwasser in Mosambique kam die Transall zum Einsatz.
Die Rotenburger Transall
Die in Rotenburg ausgestellte Transall mit dem taktischen Kennzeichen 50+66 wurde 1971 bei VFW in Lemwerder gebaut und zunächst beim Lufttransportgeschwader (LTG) 61 in Landsberg/Lech eingesetzt. Wie alle verbliebenen Transall wurde das Flugzeug, das in den 50 Einsatzjahren gut 14.000 Flugstunden gesammelt hat, zuletzt vom LTG 63 im schleswig-holsteinischen Hohn betrieben.
Die 50+66 kam unter anderem bereits 1973 bei Hilfseinsätzen in Nordwestafrika, dann 1984/1985 in Äthiopien und 1992 bis 1996 bei der Luftbrücke nach Sarajevo zum Einsatz und flog zuletzt noch im Rahmen der MINUSMA-Mission in Mali.
Das Flugzeug ist weitgehend im Originalzustand erhalten; nur einige wenige militärisch sensible Komponenten wurden ausgebaut. Die 50+66, die am 24. August 2021 von vielen Hunderten begeisterten Zuschauern auf dem Rotenburg Flugplatz empfangen wurde, kann nach Absprache besichtigt werden.
Technische Daten Transall C-160
Länge 32,40 m
Flügelspannweite 40,00 m
Flügelfläche 160 m2
Höhe 12,36 m
Besatzung 5-6 Personen
Frachtraumvolumen 126,72 m3
Zuladung 93 Personen bzw. 16.000 kg Fracht
Max. Abfluggewicht 49.150 kg
Höchstgeschwindigkeit 513 km/h
Reichweite bei 14 Tonnen Nutzlast 1.200 km
Antrieb Rolls-Royce Tyne Mk.22
Leistung 2 x 5.738 PS